von Dr. Petra Weiermayer (ÖGVH), Dr. Bernhard Zauner (ÄKH) und Dr. Volker Neubauer (ÖGHM)
Geschichte
Erfolge bei Epidemien verschafften der Homöopathie Beachtung
Ursprünglich waren es vor allem die Erfolge der Homöopathie bei der Bekämpfung der großen Epidemien des 19. Jahrhunderts, die der Homöopathie Beachtung, Einfluss und schließlich Akzeptanz verschafften. In Österreich, Russland und in England waren es die Erfolge bei der Behandlung der Cholera-Epidemie, die die Homöopathie dort Fuß fassen ließen. In Österreich war die Homöopathie 1819 verboten. Trotzdem ließen sich manche behandeln, vor allem Adelige, aber auch andere. Der Erfolg führte zur Aufhebung und des Verbots und zur Verbreitung der Homöopathie. Denn während normalerweise zwischen 60 und 70% starben – Zahlen für unbehandelte Verläufe in Russland sprechen von 67% und unter konventioneller Behandlung waren diese eher höher – starben unter homöopathischer Behandlung 4-11% der Patienten [1, 2]. Auch in England lagen 1854 die Sterblichkeitsziffern unter homöopathischer Behandlung weit unter 20% und waren damit deutlich niedriger als unter konventioneller Behandlung [3].
Die „Spanische Grippe“
Für die große Grippe-Epidemie im Jahre 1918, die weltweit wohl etwas über 20 Millionen Todesopfer forderte, gibt es nur wenig gute Daten. Eine Statistik, die der amerikanische Professor für Materia-Medica, Dewey, zusammengestellt hat, zeigt, dass die Sterblichkeitsrate bei Patienten, die von Homöopathen behandelt wurden, relativ niedrig waren. Eine Studie in Ohio an 24.000 Patienten, die konventionell versorgt wurden, ergab eine Sterblichkeit von 28%. Die Mortalitätsrate der homöopathisch versorgten Patienten lag je nach Region zwischen 0,01 und 1,05%. [nach 4]
Studien
Die Studienlage zur Homöopathie bei akuten Infektionen ist aus verschiedenen Gründen (fehlende Ärzte, Mitarbeiter, Räumlichkeiten, Gelder, etc.) nicht sehr groß, jedoch kann die Homöopathie additiv bei Infektionen gut wirksam sein. Ähnlich wie in der konventionellen Medizin müssen diese Studien kritisch betrachtet werden. Dazu einige Beispiele:
Siebzig Patienten mit schwerer Sepsis (= lebensbedrohlicher Zustand mit Fieber, Organbeeinträchtigung, Infektion mit Bakterien, Viren, Pilzen und/oder Parasiten) erhielten zusätzlich zur Standardtherapie eine homöopathische Arznei oder Placebo im Rahmen einer randomisierten (nach dem Zufallsprinzip eingeteilte Patienten in den Gruppen mit entweder dem echten oder dem Scheinmedikament = Placebo), doppelblinden (weder Arzt noch Patient wissen, ob das verabreichte Medikament das echte oder das Scheinmedikament ist), Placebo-kontrollierten Studie durchgeführt auf der Intensivstation. Am Tag 180 war die Überlebensrate in der homöopathisch behandelten Gruppe statistisch signifikant höher als in der Placebogruppe (p=0,043; Kruskal-Wallis Test). Die Ergebnisse konnten auch nach einer Intention-to-treat Auswertung bestätigt werden (p=0,0248; Chi Quadrat Test).[5]
In einer verblindeten, Placebo-kontrollierten, randomisierten, pragmatischen Studie wurden homöopathische Arzneimittel bei Influenza und akuten Infektionen des Atemtrakts bei Kindern untersucht. Die Anzahl der symptomatischen Episoden von Influenza und Infektion des Atemtrakts war zwischen den Gruppen zugunsten der Homöopathie statistisch signifikant unterschiedlich (p<0,001; Mann-Whitney Test, ANOVA post-test). Im ersten Jahr nach der Therapie entwickelten 30,5 % der Kinder der Placebogruppe drei oder mehr symptomatische Episoden, während in der homöopathisch behandelten Gruppe keine Episode auftrat.[6]
In einer doppelblinden, randomisierten, placebo-kontrollierten Studie konnte die Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel bei Patienten mit akutem Husten bei Infektionen des oberen Atemtrakts und akuter Bronchitis gezeigt werden. Am Tag vier und sieben der Behandlung war der Schweregrad des Hustens in der homöopathischen Gruppe im Vergleich zur Placebogruppe signifikant niedriger (p<0,001 und p=0,023; Mann-Whitney U Test). Die Viskosität des Schleims war nach vier Tagen homöopathischer Behandlung signifikant geringer als in der Placebo Gruppe (p=0,018; Mann-Whitney U Test).[7]
Zusammenfassend ist zu sagen, dass in einer Übersichtsarbeit aus 2019 zur Bedeutung der Komplementärmedizin bezüglich Reduktion des Antibiotikaeinsatzes, u.a. die 2006 durchgeführte Übersichtsarbeit zur Homöopathie angeführt wird, wobei für 29 Studien unterschiedlichen Designs bei 5.062 Patienten mit Infektionen des oberen Atemtrakts/Allergie ein positives Ergebnis für die Homöopathie beschrieben wurde. Sechs der sieben kontrollierten Studien zeigten ein ähnliches Ergebnis wie die konventionelle Therapie, acht der 16 placebo-kontrollierten Studien einen signifikanten Vorteil für die Homöopathie.[8, 9]
Mehr zu Geschichte und Studien von Herrn Prof. Harald Walach:
Homöopathie und epidemische Erkrankungen (1)
Homöopathie und epidemische Erkrankungen (2)
Referenzen:
1. Scheible, K.-F., Hahnemann und die Cholera. Geschichtliche Betrachtung und kritische Wertung der homöopathischen Therapie im Vergleich zur konventionellen Behandlung. 1994, Heidelberg: Haug.
2. Glaz, V.G., Hahnemann`s theory in Russia. British Homoeopathic Journal, 1991. 80: p. 231-233.
3. Leary, B., Cholera 1854: update. British Homoeopathic Journal, 1994.83: p. 117-121.
4. Marino, R., Flu pandemics: homeopathic prophylaxis and definition of the epidemic genius. Indian Journal of Research in Homoeopathy, 2012. 6 (1 & 2): p. 47-52.
5. Frass, M., Linkesch, M., Banyai, S., Resch, G., Dielacher, C., Löbl, T., Endler, C., Haidvogel, M., Muchitsch, I., Schuster, E. (2005): Adjunctive homeopathic treatment in patients with severe sepsis: A randomized, double-blind, placebo-controlled trial in an intensive care unit.Homeopathy 94: 75–80.
6. Siqueira, C.M., Homsani, F., Da Veiga, V.F., Lyrio, C., Mattos, H., Passos, S.R.L., Coucairo, J. N., Quaresma, C.H. (2016): Homeopathic medicines for prevention of influenza and acute respiratory tract infections in children: blind, randomized, placebo-controlled clinical trial.Homeopathy 105: 71–77.
7. Zanasi, A., Mazzolini, M., Tursi, F., Morselli-Labate, A. M., Paccapelo, A., Lecchi, M. (2014): Homeopathic medicine for acute cough in upper respiratory tract infections and acute bronchitis: A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Pulm Pharmacol Ther 27(1):102–8.
8. Baars, E.W., Belt-Van Zoen, E., Breitkreuz, T., Martin, D., Matthes, H., Von Schön-Angerer, T., Soldner, G., Vagedes, J., Van Wietmarschen, H., Patijn, O., Willcox, M., Von Flotow, P., Teut, M., Von Ammon, K., Thangavelu, M., Wolf, U., Hummelsberger, J., Nicolai, T., Hartemann, P., Szoke, H., Mcintyre, M., Van Der Werf, E.T., Huber, R. (2019): The Contribution of Complementary and Alternative Medicine to Reduce Antibiotic Use: A Narrative Review of Health Concepts, Prevention, and Treatment Strategies. Evid Based Compl Alt 3. doi: 10.1155/2019/5365608.
9. Bornhöft, G., Wolf, U., Von Ammon, K., Righetti, M., Maxion-Bergemann., S., Baumgartner, S., Thurneysen, A.E., Matthiessen, P.F. (2006): Effectiveness, safety and cost-effectiveness of homeopathy in general practice – summarized health technology assessment. Forsch Komplementmed 13(2): 19–29.